April 14, 2024

Pflege von Patienten mit Alzheimer

Alles Wissenswerte über Alzheimer von Experten


Autor:
IHM Experten-Team
Intensivpflege-Team bei IHM
Inhaltsverzeichnis

Was ist Alzheimer?


Die Alzheimer-Demenz – medizinisch auch Morbus Alzheimer – ist die häufigste Form der neurodegenerativen Erkrankung Demenz. Das bedeutet, dass immer mehr Nervenzellen des Zentralnervensystems im Verlauf dieser Krankheit absterben. Das geschieht unter anderem auch bei Betroffenen von Morbus Parkinson und Chorea Huntington.

Wichtige Signale können durch das Absterben der Nervenzellen im Gehirn nicht mehr weitergeleitet werden. Dadurch haben Betroffene immer mehr und mehr Probleme mit ihrem (Kurzzeit-)Gedächtnis. Sie sind vergesslich, verwirrt und werden orientierungslos.

Ältere Menschen sind besonders von der Erkrankung Alzheimer betroffen. Durch die steigende Lebenserwartung, besonders in den westlichen Regionen, gibt es einen immer größeren Anteil an Personen mit Demenzerkrankungen. Experten vermuten, dass ab dem Jahr 2050 bereits 3 Millionen Deutsche betroffen sein könnten. Auf diese Zahl stoßen sie, weil die Krankheit jährlich bis zu 300.000 Mal diagnostiziert wird.

Eine umfassende Pflege und Betreuung wird notwendig, wenn die Demenzerkrankung stark voranschreitet.

Ursachen

Bis heute sind die genauen Ursachen für eine Erkrankung an Alzheimer ungeklärt. Die Forschung zeigt eine Veränderung des Gehirns im Laufe der Krankheit und die Anzahl Nervenzellen der Hirnrinde sinken deutlich. 

Bekannt ist derzeit Folgendes über die Entstehung von Alzheimer:

  • Das Volumen des Hirngewebes nimmt während der Erkrankung deutlich ab.
  • Besonders davon betroffen ist die Hirnrinde. 
  • Dadurch sind das Urteilsvermögen, die emotionale Stabilität und die Sprachfähigkeit beeinträchtigt.
  • Durch das Absterben der Nervenzellen geschehen die Veränderungen des Gehirns.
  • Außerdem führt dies zu einem Mangel an Botenstoffen, die für die Weiterleitung von Nervenimpulsen zwischen zwei Nervenzellen zuständig sind.

Symptome

Durch Alzheimer können folgenden Symptome auftreten:

  • Gedächtnisverlust 
  • Verwirrung 
  • Sprachschwierigkeiten 
  • Persönlichkeitsveränderungen. 

Eine frühe Erkennung dieser Anzeichen ist essentiell, um zeitnah medizinische Hilfe zu erhalten.

Diagnose

Zur Diagnose von Alzheimer kommen die folgenden Verfahren zum Einsatz:

  • kognitive Tests zur Einordnung der geistigen Leistungsfähigkeit
  • bildgebende Verfahren wie MRT und PET, welche strukturelle und funktionelle Veränderungen im Gehirn sichtbar machen
  • Labortests, um weitere, ähnliche Erkrankungen auszuschließen. 

Um eine verlässliche Diagnose zu gewährleisten, sollten viele Fachärzte verschiedene Evaluierungen durchführen. 

Therapie und Pflege von Alzheimer

Bislang ist es schwierig, Demenzerkrankungen zu therapieren. Wenn Alzheimer früh erkannt wird, können adäquate Maßnahmen getroffen werden, um den Verlauf zu verlangsamen.

Die Ziele der Therapie und Pflege bei Alzheimer-Demenz liegen darin, den Alltag der Patienten so selbstständig wie möglich zu gestalten. Mit Hilfe von Medikamenten und alternativen Therapieverfahren können die Beschwerden gelindert und die Lebensqualität verbessert werden.

Medikamentöse Behandlung 

Bei der medikamentösen Behandlung von Demenzerkrankungen werden zwei Typen von Wirkstoffen angewendet:

  • Antidementiva
  • Antipsychotika bzw. Neuroleptika und ähnliches

Antidementiva werden für die Verlängerung des Krankheitsverlaufs eingenommen. Dadurch soll die Reduzierung des Denk- und Erinnerungsvermögens verzögert werden. Die verschreibungspflichtigen Medikamente werden in zwei Gruppen differenziert:

  • Anticholesterinase-Hemmer zur Therapie einer leichten bis mittelschweren Demenz (Donepezil, Rivastigmin, Galatamin)
  • Glutamat-Rezeptorantagonisten im mittelgradigen und schweren Stadium (Memantine)

Eine Behandlung der Symptome von Alzheimer-Erkrankungen findet durch die Verabreichung von Antipsychotika statt. Zur Abschwächung von Depressionen und starken Stimmungsveränderungen kommen Antidepressiva zum Einsatz.  Neuroleptika können Symptome wie Schlafstörungen, Aggressivität, Halluzinationen oder Wahnvorstellungen zuvorkommen.

Hinweis

Antipsychotische Medikamente sollten mit Bedacht eingesetzt und eingenommen werden. Meistens ziehen sie ernstzunehmende Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle oder andere schwerwiegende Erkrankungen mit sich.


Nicht-medikamentöse Pflege und Therapie

In der Pflege bei Demenzerkrankungen sind nicht-medikamentöse Ansätze häufiger als medikamentöse. Durch das Training der geistigen Fähigkeiten wird die Selbstständigkeit im Alltag gefördert. Zusätzliche Betreuungsangebote wie Beratungen und Ergotherapie erhöhen die Lebensqualität.


Die folgenden Methoden tragen zu der nicht-medikamentösen Behandlung bei:

Gedächtnistraining

Gedächtnistraining zielt darauf ab, die Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit zu stärken. Dies trägt dazu bei, kognitive Fähigkeiten zu bewahren, Sprachstörungen zu verhindern und somit die Fähigkeit zur Kommunikation zu erhalten.

Körperliche Aktivierung

Einfache Bewegungsübungen und physiotherapeutische Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Muskelkraft zu erhalten, damit Patienten so lange wie möglich autonom und ohne fremde Hilfe mobil bleiben können.



Förderung der Sozialkompetenzen

Alzheimer kann oft zu Vereinsamung führen. Da Erkrankte Schwierigkeiten haben, Gesprächen zu folgen, neigen sie dazu, sich von ihren sozialen Kreisen zurückzuziehen. Deshalb wird in der Betreuung ein Fokus auf die Förderung sozialer Interaktionen durch gemeinschaftliche Aktivitäten gelegt.

Emotionsorientierte Behandlung

Zur Vorbeugung und Behandlung von Depressionen, Ängsten und anderen psychischen Belastungen können in persönlichen Gesprächen psychotherapeutische Interventionen, Erinnerungstherapien oder Biografiearbeit durchgeführt werden.

Herausforderungen in der Pflege

Patienten mit Alzheimer benötigen einen Behandlungsplan. Es ist sehr wichtig, diesen ganz genau einzuhalten. Das ist für Pflegende oft eine Herausforderung, daher können sich Angehörige an speziell ausgebildete Einrichtungen wenden.



Hinweis

Ob Medikamente wirklich eingenommen wurden, sollte von Pflegerinnen und Pflegern persönlich überwacht werden. Alzheimer-Patienten sind oft nicht mehr in der Lage zu verstehen, wie wichtig die Einnahme sein kann.

Betreuungspflege bei Alzheimer

Durch die Erkrankung an Alzheimer steigt meistens die Pflegebedürftigkeit. Besonders in späteren Stadien sind die Symptome nur schwer zu handhaben. Dazu zählen: 

Häufig wohnen Menschen mit Alzheimer zusammen mit ihrem Lebensgefährten, der die Betreuung so gut wie möglich übernimmt. Zusätzlich leisten auch andere Familienangehörige oft Unterstützung bei der Versorgung des Erkrankten. 

Bis zu einem bestimmten Grad ist dies sicherlich machbar. Allerdings steigt die Herausforderung für die Familienmitglieder, die Pflege eigenständig zu bewältigen, mit zunehmender Schwere der Krankheit und ihrer Symptome.



Hinweis

Seit 2017 gehört Alzheimer zu den Erkrankungen, die zu einer Pflegebedürftigkeit führen. Betroffenen steht ein Pflegegrad zu. Jeder Patient erhält eine individuelle Festlegung, die mit finanziellen und sachlichen Vorteilen einhergeht. Es ist notwendig, eine Untersuchung durch einen Fachmann durchzuführen, der eine Klassifizierung vornimmt.

Aktivierende Pflege bei Alzheimer

Die Alzheimer-Krankheit kann effektiv verzögert werden, wenn sie frühzeitig diagnostiziert wird. Der Gedächtnisverlust kann vor allem verlangsamt werden. Dazu werden beispielsweise Medikamente verwendet.

Andererseits soll die aktivierende Pflege dazu beitragen, das Voranschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Es geht um eine alternative Art der Betreuung, die als "Unterstützung zur Selbsthilfe" angesehen werden kann.

Pflegekräfte ermutigen die Erkrankten, selbstständig zu handeln. Das Ziel ist es, eine größtmögliche Autonomie zu erreichen. Jedoch erfolgt dies immer ohne Zwang oder Druck. Es ist ratsam, den Patient je nach seinen Fähigkeiten so weit aufzubauen, wie es sein Zustand zulässt.

Kommunikation in der Pflege bei Alzheimer

Die Erkrankung führt häufig zu einem Verlust der Sprachfähigkeit. Betroffene können sich nicht mehr verständlich ausdrücken. Daher ist die Kommunikation ein wichtiger Baustein in der Pflege von Alzheimer-Patienten.

Gleichzeitig verstehen sie ihre Umgebung nicht mehr. Sie wissen nicht mehr, warum sie genug trinken oder sich waschen müssen, weil sie das Gedächtnis verlieren. Um dem Erkrankten nicht das Gefühl zu geben, wie ein Kind behandelt zu werden, ist viel Geduld gefragt.

Vorbeugung von Alzheimer

Es existieren sehr viele Möglichkeiten, die die Wahrscheinlichkeit deutlich verringern, um an Alzheimer zu erkranken. Studien bestätigen, dass ein gesunder, aktiver Lebensstil die beste Vorbeugungsmaßnahme ist gegen die Alterskrankheit.

Folgende Maßnahmen sollten zur Vorbeugung von Alzheimer getroffen werden:

  • Regelmäßige Bewegung 
  • Ausgewogene Ernährung
  • Verzicht von Alkohol und Zigaretten
  • Verringerung von Stressfaktoren 
  • Rechtzeitige Behandlung von psychischen Erkrankungen. 
  • Regelmäßige Pflege von Beziehungen zu Familie und Freunden. 
  • Kleine Rätsel wie Sudoku oder Gesellschaftsspiele.

Zur Prävention gehört auch die regelmäßige Gesundenuntersuchung (oder auch Vorsorgeuntersuchung), um Krankheiten wie Arteriosklerose, Bluthochdruck oder Diabetes rechtzeitig zu behandeln.

Praktische Tipps für den Umgang mit Alzheimer-Patienten

Kommunikation

Sie sollten mit der betroffenen Person in kurzen und einfachen Sätzen sprechen. Außerdem sollten Sie langsam und deutlich reden. Auch wenn es mit fortschreitender Erkrankung schwieriger wird, versuchen Sie stets Blick- und Körperkontakt zu halten.

Aggressives Verhalten

Demenzerkrankungen besitzen schlechte Begleiterscheinungen, wie ein aggressives, „herausforderndes“ Verhalten, mit dem Sie irgendwann konfrontiert werden könnten. In solchen schwierigen Situationen sollten Sie versuchen, immer die Ruhe zu bewahren, auch wenn es schwierig ist.

Tägliche Pflege

Die tägliche Pflege, insbesondere das Baden oder Duschen, kann zu einem Problem werden. Es kann sein, dass für die Patient:in die Körperpflege zu aufwändig oder kompliziert ist. Vielleicht schämt  sie sich oder hat plötzlich Angst vor Wasser. Auch können aufgrund des Verlusts des Sehvermögens Umrisse der Dusche oder Wanne nicht mehr genau erkannt werden. Es ist auch möglich, dass Menschen mit Alzheimer vergessen haben, wie ein Wasserhahn funktioniert oder was sie mit Waschlappen oder Seife anfangen sollen. Das Koordinationsvermögen verschlechtert sich im Laufe der Krankheit, was Unsicherheit und Sicherheitsrisiken verursacht.

Feste Abläufe

Da das Kurzzeitgedächtnis früh nachlässt, kann der Erkrankte sich häufig an bekannte Routinen anpassen. So lange wie möglich halten Sie eingespielte Abläufe aufrecht, da sie der erkrankten Person Sicherheit und Vertrautheit geben. Möglichst in kleinen Schritten sollten Sie alle Aktivitäten planen und durchführen, die dem oder der Betroffenen Angst machen. Der Patient oder die Patientin kann die Situation besser verstehen und Gefühle von Angst und Panik können nicht so leicht auftreten. Es kann beispielsweise beim Duschen oder Baden sowie beim Anziehen nützlich sein.

Mahlzeiten

Ein organisierter Esstisch

  • Für Mahlzeiten sollten Sie konsistente Routinen schaffen, Unterbrechungen minimieren und spezielles Geschirr bereitstellen, das die Bedürfnisse von Alzheimer-Patienten berücksichtigt.
  • Bieten Sie jeweils nur eine Speise an, um dem Betroffenen die Entscheidung, was zuerst gegessen wird, zu erleichtern.
  • Verwenden Sie tiefe Teller oder Schalen, um Verschütten zu vermeiden.
  • Zerteilen Sie das Essen in kleine, leicht zu essende Stücke.
  • Falls der Betroffene vergessen hat, wie man Besteck benutzt, demonstrieren Sie die Handhabung, bieten Sie einen Löffel an oder servieren Sie leicht zu greifende Snacks, die mit den Händen gegessen werden können.
  • Ein kleiner Löffel hilft dabei, kleinere Portionen zu essen und beugt dem Verschlucken oder hastigen Essen vor.
  • Ein umgebundenes Lätzchen und eine Plastiktischdecke erleichtern die Reinigung.
  • Verzichten Sie auf sehr heiße Gerichte, um Verbrennungen zu vermeiden.
  • Ermutigen Sie den Betroffenen regelmäßig zum Trinken. Süße Säfte oder Limonaden, die zusätzliche Kalorien liefern, werden oft lieber konsumiert als Wasser. Farbenfrohe Plastikbecher sind besser erkennbar als Gläser und reduzieren das Verletzungsrisiko.
  • Bei Schluckbeschwerden können pürierte Früchte als Alternative in Erwägung gezogen werden.

Schlafprobleme

Mittagsschlaf vermeiden:

Bei Alzheimer-Erkrankten sollten Sie darauf achten, dass sie nur schlafen gehen sollten, wenn sie wirklich müde sind. Deshalb sollte auf den Mittagsschlaf verzichtet werden.

Bewegung:

Bewegung tut nicht nur den gesunden Menschen gut, sondern auch den Alzheimer-Patienten. Deshalb sollten Sie zum Beispiel nach dem Abendessen spazieren gehen.

Koffein und Alkohol:

Koffeinhaltigehaltige Getränke wie Kaffee, schwarzer und grüner Tee oder Cola sollten mindestens sechs Stunden vor dem Schlafen gehen nicht zu sich genommen werden. Durch Alkohol wird der Schlaf weniger erholsam, deshalb sollten Sie diesen auch vermeiden.

Leichtes Abendessen:

Das Abendessen sollte leicht verdaulich sein. Dadurch können sich der Magen und der Darm über Nacht auch entspannen.

Einschlafritual:

Wenn Sie mit Ihrer Alzheimer-erkrankten Person ein Einschlafritual einführen, kann das dazu beitragen, dass sie besser schläft. Der Abend sollte jeden Tag auf die gleiche Art und Weise beendet werden. Beispielsweise können Sie Entspannungsübungen, eine Tasse Tee oder Tagebuchschreiben einführen.

Toilettengang:

Damit der Schlaf wegen eines Toilettengangs nicht unterbrochen werden muss, sollte die erkrankte Person vor dem Schlafengehen noch einmal auf die Toilette gehen. 

Anziehen

Indem Sie die Alzheimer-Patient:in dazu ermutigen, sich so lange wie möglich selbst anzuziehen, unterstützen Sie sie dabei, selbstständig zu bleiben. Das motiviert die Patienten. Sie können sie unterstützen, indem Sie die Kleidung vorher zurechtlegen. Außerdem sollte die Kleidung richtig passen, sonst kann das schnell zu einem Risiko werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Pflege von Alzheimer-Patienten eine umfassende und individuelle Herangehensweise erfordert. Von der Anpassung der Mahlzeiten und Schlafgewohnheiten bis hin zur Unterstützung bei der täglichen Körperpflege und der Förderung der Selbstständigkeit – all diese Maßnahmen tragen dazu bei, das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Dabei sollten Sie darauf achten, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen, das sowohl die physischen als auch die emotionalen Bedürfnisse der Patienten berücksichtigt.